Generalmajor Gustav Wagner, der "eiserne Gustav"
Gustav Adolf Heinrich Wagner wurde am 23.9.1890 in Bischofsburg als Sohn des Hegemeisters Adolf Wagner und dessen Ehefrau Anna, geb. Mayer, aus Rößel, Gartenstr. 22, geboren. Der Knabe besuchte drei Jahre die Volksschule seiner Heimatstadt und wechselte dann auf das Gymnasium in Allenstein über. Er verließ die Lehranstalt mit der Mittleren Reife, dem "Einjährigen", und besuchte anschließend die Forstschule Steinbusch im Reg. Bez. Frankfurt/Oder. Nach Abschluß dieser Ausbildung meldete sich der angehende Forsteleve zum Wehrdienst beim Jäger-Bataillon Graf Yorck von Wartenburg (Ostpr.) Nr. 1 in Ortelsburg. Zum 1.10.1909 wurde er zu der Elitetruppe einberufen. Am 17.9.1910 wurde er zum Gefreiten und am 1.10. des darauffolgenden Jahres zum Oberjäger (Unteroffizier) befördert. Am 1.10.1913 wurde Wagner zur Radfahrer Kp. des Bataillons versetzt, mit der er am 30.7.1914 zur Feldtruppe abgestellt wurde.
Am 23.8. nahm er bei Lana und Orlau an dem entscheidenden Vorgefecht der Schlacht bei Tannenberg teil, wurde am ersten Tag verwundet, konnte aber bei der Truppe verbleiben. Vom 5.-15.9. kämpfte er in der Masurenschlacht. Es folgte vom 9.-19.10. die Teilnahme an den Kämpfen bei Warschau und vom 11.-15.12. an der Schlacht bei Lodz. Am 10.10. wurde Wagner mit dem EK II ausgezeichnet und am 19.12. wegen Tapferkeit vor dem Feind zum Vizefeldwebel befördert.
Am 20.6.1915 folgte sein Einsatz in der Schlacht an der Rawka-Bzura, vom 14.-16.7. in der Schlacht um Schaulen und vom 19.8.-3.9. in der Njemen Schlacht. Am 5.10. wurde Wagner zum Offiziersstellvertreter ernannt und am 15.10. mit dem EK I ausgezeichnet. Die Jahre 1916 und 1917 erlebte er im Stellungskrieg im Osten. Das Jahr 1918 sah ihn vom 19.2.-3.3. bei der Offensive gegen den Peipus See und die obere Düna und anschließend bei der Besetzung baltischen und russischen Gebietes, bis seine Truppe im Juni 1918 an die Westfront verlegt wurde. Nach Stellungskämpfen im Oberelsaß erlebte er den harten Kampf des deutschen Westheeres. Er stand in den schweren Abwehrschlachten und -kämpfen gegen den übermächtigen Feind bei Reims, zwischen Marne und Vesle, zwischen Oise und Lisne, in der Siegfried-Stellung, zwischen Cambrai und St. Quentin sowie in der Hermann-Stellung bis zum Waffenstillstand am 11. November 1918, wo er von der Antwerpen-Maas-Stellung aus den Rückmarsch in die Heimat antrat.
Danach stellte Wagner sich zur Verteidigung Ostdeutschlands und des Baltikums zur Verfügung, wurde am 1.1.1919 zur Eisernen Division versetzt, wo er vom 25.1.-15.12.1919 an den Gefechten in Kurland teilnahm und dabei seine dritte Verwundung erlitt. Am 9.9.1919 wurde er wegen "Außergewöhnlicher Umsicht und größter Unerschrockenheit im Kampfe" zum Leutnant befördert und kurz darauf zum Btl.-Adjutanten ernannt.
Am 20.9.1924 heiratete der nunmehrige Oberleutnant die verwitwete Katharina Siebert, geb. Pelz, Tochter des Fabrikbesitzers Pelz aus Stettin. Sie brachte einen Sohn und eine Tochter mit in die Ehe.
1934 wurde Hauptmann Wagner als Btl. Kommandeur in das Inf. Rgt. Rastenburg versetzt und im selben Jahr zum Major befördert. Seit 15.10.1935 Kdr. des III./Inf. Rgt. 44 in Bartenstein (Ostpr.), rückte er als Oberstleutnant 1939 an der Spitze seines Bataillons nach Polen ins Feld. Noch während des Feldzuges übernahm er die Führung des Regiments und führte es auch als Oberst im Westen. In Frankreich hatte er entscheidenden Anteil an der Einnahme von Lille und der damit verbundenen Gefangennahme starker feindlicher Kräfte.
Sein Einsatz 1941 im Osten war infolge reicher Kampferfahrung von großen Erfolgen begleitet. In kühnem Angriffsschwung durchbrach er die feindlichen Grenzstellungen und wies starke von Panzern unterstützte Gegenangriffe des Feindes ab. Im weiteren Verlauf des Angriffs stieß Oberst Wagner unerwartet auf starke Panzer und motorisierte Kräfte, die soeben zum Gegenstoß antraten. Rasch gliederte er zur Abwehr um und schlug den Angriff ab; 21 erledigte Panzer blieben auf dem Kampffeld zurück. Mitte August stieß Oberst Wagner mit seinem Rgt. auf Nowgorod vor, wobei er in schweren Kämpfen ein stark befestigtes feindliches Stellungssystem durchbrach. Wo der "Eiserne Gustav", wie er von den Soldaten genannt wurde, mit seinen Männern antrat, hatte er Erfolg: Widerstandsnester wurden ausgeräumt, Bunker geknackt und unaufhaltsam der Vormarsch fortgesetzt.
Sein größter Erfolg mit seinem ostpreußischen Regiment war der Durchbruch durch die stark befestigte Verteidigungszone bei Kirischi westlich des Wolchows. Mit den vordersten Teilen eines seiner vorn eingesetzten Bataillone durchbrach er die erste Bunkerlinie und drang in das tiefgestaffelte Stellungssystem ein. Dabei vernichtete er die geradezu unglaubliche Anzahl von 533 Bunkern. Für diese operativ bedeutsame Tat wurde Oberst Wagner am 14. Dezember 1941 mit dem Ritterkreuz ausgezeichnet. Der Einsatz seines Regiments führte zum Zusammenbruch der starken sowjetischen Abwehrfront westlich des Wolchows.
Bei den Stellungskämpfen des Jahres 1942 wurde Wagner abermals verwundet. Nach seiner Genesung übernahm er die Führung einer Ersatz-Division in Brünn. Am 1.10.1943 wurde der verdienstvolle Frontkommandeur zum Generalmajor befördert.
1944 erlitt Generalmajor Wagner wiederum, diesmal eine schwere Verwundung. Er wurde ins Lazarett der Kaiserstadt Goslar eingeliefert. Die Trauer um den im Osten als Hauptmann gefallenen Sohn, der Verlust des Krieges und seiner so geliebten ostpreußischen Heimat hatten dem vorbildlichen Patrioten und tapferen Soldaten das Herz gebrochen. Am 14. Mai 1951 ist er an den Folgen dieser Verwundung gestorben. Er wurde auf dem Ehrenfriedhof in Goslar beigesetzt.
Quelle: Aloys Sommerfeld in "Rößeler Heimatbote" 1/92